Projekt „Mahn-Uhr“, Erinnerungsprojekt 1915-20:15 / Türkei- Deutschland



Bevor das Gedenkjahr zum Genozid an der christlichen Bevölkerung im Osmanischen Reich sich dem Ende neigt, setzen wir der Vergessenspolitik des türkischen Staates ein künstlerisches Zeichen entgegen. (Live-stream: https://www.youtube.com/watch?v=ctSPexkxWRk)

Im hundertsten Jahr des Genozids hat die türkische Regierung jegliche Hoffnung, sich kritisch mit den historischen Verbrechen auseinanderzusetzen, erstickt.

Hierfür hat der türkische Staat schlicht eine Umdatierung vorgenommen: Die Gedenkveranstaltungen anlässlich der Landung der alliierten Truppen in Gallipoli 1915 wurden auf den 24. April verlegt – jenes Datum, das den Gedenktag an den Völkermord an den Armeniern und den anderen christlichen Minderheiten markiert. Damit hat die Politik der intendierten Amnesie einen weiteren moralischen Tiefpunkt erreicht. Bevor das Gedenkjahr an den Genozid an den Armeniern sowie an assyrischen, aramäischen und griechischen Minderheiten im Osmanischen Reich zu Ende geht, wollen wir seiner anhaltenden Leugnung ein Zeichen der Erinnerung und des Protests entgegensetzen.

Heute Abend wird in den Fluss der Zeit eine Boje entlassen. Dort wird sie die 15te Minute der 19ten Stunde als einen Ort der Erinnerung und der Mahnung markieren. Zu diesem Zweck hat der Künstler Miro Kaygalak eine zwei Meter große digitale Uhr gebaut. Am letzten Abend des Gedenkjahres bleibt sie um Viertel nach sieben für eine Stunde stehen. In dieser Zeit erlöschen die üblicherweise blinkenden Doppelpunkte zwischen Stunden- und Minutenanzeige, so dass für eine Stunde am Tag die Zahl 1915 zu sehen sein wird. Um Viertel nach acht läuft die Zeit dann wie gewohnt weiter, bis am nächsten Abend um Viertel nach sieben wieder die Zeit einfriert.

Im neuen Jahr wird sie um 20.16 Uhr weiterlaufen. Der Leitgedanke der Mahnmal-Uhr ist die Frage, wie sich nach 100 Jahren in einer Atmosphäre der gesellschaftlichen Amnesie die verdrängte und geleugnete Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpfen lässt? Diese Frage wird jeden Tag neu aufgeworfen. Dementsprechend wird die angehaltene Uhrzeit jedes weitere Jahr um eine weitere Minute angehalten. Im Jahre 2060 verliert die Uhr ihre Erinnerungsfunktion. Ausgangspunkt ist Berlin. In der Hauptstadt des Verbündeten des Osmanischen Reichs soll die Uhr die Bundesregierung daran erinnern, ihre Resolution, die Ereignisse von 1915 als Genozid anzuerkennen, umzusetzen. Jene wurde just von Angela Merkel auf Eis gelegt, damit Erdogan „uns“ die Flüchtlinge vom Hals hält.